Woher dein innerer Schweinehund kommt und wie du trotzdem alles schaffst

Kennst du das? Es gibt diese EINE Sache, die so dringend erledigt werden muss, dass nichts mehr dazwischenkommen darf. Du hast dir diese Sache für heute fest vorgenommen. Sie ist so wichtig, dass du dir dafür wirklich Zeit nehmen willst, damit du sie richtig machst. – Das hattest du dir eigentlich schon für gestern vorgenommen. Aber es kam so viel dazwischen, dass du es nicht geschafft hast. Gerade deshalb willst du es heute WIRKLICH erledigen. Jetzt ist schon Nachmittag und du hast es noch nicht hinbekommen, dich damit zu befassen.

Das Problem: Wir Menschen neigen dazu, Dingen, die außerhalb unserer täglichen Routine liegen, eine besondere Bedeutung zuzuschreiben. Je nachdem, welche Erfahrungen wir bisher mit diesen oder ähnlichen Dingen gemacht haben, erzeugt diese Bedeutung in uns eine positive oder negative Grundstimmung.

Ein Beispiel: Du hast in der Schule den Erklärungen deines Mathelehrers oft nicht folgen können. Oder du dachtest, du hättest es verstanden, hast am Ende aber doch eine schlechte Note bekommen. Später hast du mal deine Steuererklärung gemacht oder versucht, ein Haushaltsbuch zu führen. Aber bei der Steuererklärung hast du ständig Angst davor gehabt, dass du einen Fehler machst und dann das Finanzamt vor der Tür steht. Und bei deinem Haushaltsbuch hat am Ende des Monats immer irgendetwas nicht gestimmt. Ein Erfolgserlebnis blieb aus.

Aufgrund solcher Erfahrungen blickst du „Zahlenthemen“ meist schon im Vorhinein ängstlich entgegen. Du hast unbewusst abgespeichert, dass du das nicht kannst und dass nichts Gutes dabei herauskommt. Gerade deshalb hast du den Eindruck, dass du dir für solche Aufgaben besonders viel Zeit und Ruhe nehmen musst, damit du es hinbekommst. Daneben hast du aber so viele Alltagsaufgaben zu erledigen, die viel schneller von der Hand gehen. Du schiebst also eine um die andere Erledigung dazwischen – und schon am frühen Nachmittag beschleicht dich das Gefühl, dass du die „große Aufgabe“ nicht mehr schaffen kannst. Abends stellst du fest, dass du die ganze Zeit angespannt warst und immer das Gefühl hattest, dass du nicht hinterhergekommen bist. Und: Die große Aufgabe steht für morgen immer noch an.

Das gilt natürlich nicht nur für Zahlenthemen. Wenn du z.B. mehrmals die Erfahrung gemacht hast, dass dir im richtigen Moment keine zündende Idee gekommen ist oder dass du deine Vorstellungen nicht in die Tat umsetzen kannst – dann kann es beispielsweise auch sein, dass du dich selbst für unkreativ hältst und um alle gestalterischen Tätigkeiten lieber einen Bogen machst.

Durch solche unterschwelligen Ängste befinden wir uns oft über längere Zeiträume hinweg in einem leichten bis schweren Stresszustand. Es kann sogar sein, dass unser Selbstbewusstsein sinkt, je länger wir diese Aufgaben aufschieben. Beides raubt uns täglich einen Teil unserer Energie. Wir können uns schlechter auf das, was wir tun, konzentrieren. Über einen längeren Zeitraum hinweg kann es daher sogar passieren, dass uns alltägliche Aufgaben misslingen. In diesem Zustand neigen wir dazu, uns selbst immer weniger zuzutrauen. Und die große Aufgabe erscheint dadurch von Tag zu Tag größer.

Mein Vorschlag: Wenn du merkst, dass du gerade wieder eine oder mehrere „große Aufgaben“ vor dir herschiebst, halte inne und frage dich: Kommt mein beunruhigendes Gefühl wirklich von DIESER Aufgabe oder von einem früheren Erlebnis? Was könnte denn schlimmstenfalls passieren, wenn ich einen Fehler mache? Wie könnte ich damit umgehen? Gibt es eine bestimmte Stelle, bei der ich mich besonders unsicher fühle? Was brauche ich, damit ich mich hier sicherer fühle? Und dann: Mach es! Mal sehen, was passiert.

Kathrin Kerler

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