Warum du nicht zu stolz sein brauchst, um Hilfe zu bitten

Kennst du das? Du hetzt von einer Erledigung zur nächsten, hast jedes Mal noch mehr Angst, es nicht zu schaffen, dein Fokus verengt sich immer weiter auf deine Aufgaben und allmählich macht sich in dir ein Gefühl der Überforderung breit? Was machst du in solchen Momenten? Hältst du inne und überlegst, wer oder was dir helfen könnte? Oder ist es dir fast peinlich, jemandem einzugestehen, dass du es allein nicht schaffst – und du versuchst daher, dich allein durchzuschlagen?

Falls Letzteres, bist du damit nicht allein. Bei anderen Menschen wundert man sich vielleicht noch, wenn sie Hilfe vehement ablehnen – doch dann steckt man plötzlich selbst in dieser Tretmühle fest. Die Auslöser dafür sind so vielfältig wie unsere persönlichen Erfahrungen. Oft entspringt dieses Gefühl der Hilflosigkeit aus einer Situation, die einem früheren Erlebnis ähnelt. Vielleicht ist es uns damals tatsächlich passiert, dass wir glaubten, niemand wäre für uns da, um uns zu helfen. Oder wir sind in einer ähnlichen Situation als Kind vielleicht geschimpft worden, weil niemand erkannt hat, dass wir uns überfordert gefühlt haben.

Das Grundgefühl, das einem solchen Stress-Teufelskreis zugrunde liegt, ist daher meistens Angst. Die Angst, es nicht zu schaffen oder von anderen abgelehnt zu werden, weil wir glauben, dass sie uns für unsere Hilflosigkeit verurteilen. Eine natürliche Folge von Angst – dem Gefühl, das alles in unserem Körper mobilisiert, damit wir uns in Sicherheit flüchten können – ist, dass wir unseren Fokus nur noch auf das richten, was uns besorgt oder ängstigt. Als wir noch auf Nahrungssuche in freier Wildbahn waren, war dieser Fokus überlebenswichtig, da wir nur so mitbekommen haben, wann eine potenzielle Bedrohung sich zu einer echten Gefahr entwickelt hat. Heute hindert uns dieser Impuls allerdings daran, uns aus einer stressigen Situation herauszuziehen, um auf andere Gedanken zu kommen.

Mein Tipp: Erinnere dich an die letzte Situation, in der du so gestresst warst, dass du es nicht einmal mehr geschafft hast, um Hilfe zu bitten. Erinnere dich daran, wie du dich gefühlt hast: Wo in deinem Körper hast du den Stress zuerst gespürt und wie? Welche Gedanken gingen dir durch den Kopf. Wie hat sich dein Stress weiterentwickelt? Dann frage dich, was du damals gebraucht hättest.

Wolltest du einmal dein Herz ausschütten? Wolltest du Aufgaben abgeben? Oder brauchtest du einen Plan, der Pausen für dich vorsah? Überlege genau, was dir damals aus dieser Situation herausgeholfen hätte. Solltest du in Zukunft wieder in eine ähnliche Situation kommen, versuche, deine „Symptome“ früher wahrzunehmen. Und mach dir bewusst, was gerade in dir passiert. Tu das für dich, was du damals gebraucht hättest. Mal sehen, was passiert.

Kathrin Kerler

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